Mehr als 250.000 Passantenkontakte, diverse Presse- und Messeauftritte und über 3.500 zurückgelegte Kilometer: Seitdem die Hermes Zustellroboter im Herbst letzten Jahres die ersten PaketShop-Sendungen an die Haustür der Kunden geliefert haben, ist bereits ein halbes Jahr vergangen. Unsere Roboter haben einiges erlebt – und wir haben viele wertvolle Informationen über autonome Zustelllösungen gesammelt.
Als erster Paketdienst in Deutschland haben wir im Herbst 2016 in Kooperation mit der estnischen Firma Starship einen Pilottest mit Zustellrobotern initiiert. Wir haben damit sehr schnell eine völlig neuartige Zustelllösung auf die Fußwege Hamburgs gebracht, weil wir herausfinden wollten, ob die Leute es mögen.
Die Entscheidung für eine Kooperation mit Starship war relativ schnell gefallen. Auch das Konzept für einen ersten Test in Hamburg wurde in kurzer Zeit entwickelt. Die Genehmigung, autonome Zustellfahrzeuge in Hamburg einsetzen zu dürfen, hat dann etwas länger gedauert, aber hier hat uns die Stadt sehr gut unterstützt und schnell eine Entscheidung auf den Weg gebracht. Jetzt ist es an der Zeit, die ersten Erfahrungen und Daten aus dem Testbetrieb zu evaluieren und zu analysieren.
Roboter funktionieren nur mit und durch Menschen
Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Pilottest sind wirklich vielgestaltig und beziehen sich bei weitem nicht nur auf das Gerät selbst, sondern vor allem auf die Reaktionen der Menschen – egal ob auf der Straße, bei Hermes im Haus oder bei Kunden, Partnern und Medien.
Wir selbst hatten uns erstaunlich schnell an den Roboter gewöhnt, haben ihn wie einen jungen Kollegen behandelt und in unser Team aufgenommen. Auch bei den PaketShop-Betreibern kam er gleich gut an und erhielt in Rosi’s Textilpflege schnell seinen Spitznamen „Robi“.
Auf Hamburgs Fußwegen sorgte der Roboter für viel Aufsehen. Die Handler, die den Roboter in dieser frühen Testphase auf seinen Wegen durch die Stadt begleiteten, wurden oft angesprochen und auch das eine oder andere Selfie wurde geschossen. (Hier schildert eine Handlerin ihre Erfahrungen). Die Reaktionen der Passanten waren dabei überwiegend positiv. Viele finden den kleinen Roboter einfach sympathisch. Die meisten waren schlicht neugierig und fragten nach dem Verwendungszweck des kleinen Kastenwagens, den einige für einen Kühlschrank, andere für einen Kinderwagen hielten. Zu den meistgestellten Fragen gehörte, ob der Roboter nicht geklaut werden könnte (theoretisch ja, aber er wird gut bewacht und ist auch nicht so leicht unter den Arm zu klemmen, wie es aussieht). Aber obwohl die meisten Begegnungen sehr freundlich verliefen und es viele Interessierte gab, gab es natürlich manchmal auch negative Reaktionen. Meist von diffusen Ängsten gegenüber Robotern und Automatisierung generell getrieben. Den kuriosesten Fragen rund um unseren Lieferroboter haben wir übrigens einen ganzen Artikel gewidmet (hier nachzulesen).
Erste Erkenntnisse
Die erste Testphase war erfolgreich und wir sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Unsere primären Ziele haben wir bereits erreicht: Wir haben Erfahrungen mit einem völlig neuartigen Zustellkonzept gesammelt und wir haben Testkunden erfolgreich mit Paketen beliefert sowie Retourensendungen abgeholt. Letzteres war für die Kunden tendenziell sogar interessanter, da der Prozess bequemer und gelernter ist. Zukünftig sind aber nicht nur diese beiden Services denkbar, sondern auch Hybridmodelle mit noch anderen Lieferungen und Transporten zwischen verschiedenen Abgabe- und Empfangsorten.
Als Projektteam waren wir gedanklich immer mittendrin im tagtäglichen Geschehen und mussten in Echtzeit auf neue Situationen reagieren. Da fiel es nicht immer leicht, die strategische Perspektive einzunehmen und zu überlegen, wohin die Roboterreise weiter gehen soll. Jetzt ist es an der Zeit, die gesammelten Erfahrungen und Daten zu evaluieren und zu analysieren.
Natürlich haben wir Szenarien im Kopf, wie der Roboter ein fester Bestandteil der zukünftigen Innenstadtlogistik werden und wie er noch effizienter eingesetzt werden könnte. Wichtig ist aber nicht nur, den Status-quo zu sehen und eine ungefähre Zielvorstellung zu haben, sondern zu verstehen, was es wirklich braucht, damit diese Szenarien realisiert werden können.
Zum einen gibt es Nachbesserungsbedarf bei der Technik, beispielsweise bei der Akkuleistung, beim User Interface oder in der Flexibilität des Systems. Auch das noch ungelöste Problem, nicht flächendeckend schnelles LTE-Mobilfunknetz zu haben, stellt uns vor Herausforderungen. Aufgrund der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen ist es darüber hinaus nicht möglich, den Zustellroboter ohne menschliche Begleitperson auf den Weg zu schicken, auch wenn das System bereits in der Lage ist, autonom zu fahren. Mittelfristig wäre eine Regulierung auf Bundesebene erforderlich und eine Novelle zum Postdienstleistungsgesetz hilfreich. Das würde den Einsatz autonomer Zustellsysteme in Deutschland vereinfachen. (Mehr Informationen im Interview mit Roger Hillen-Pasedag, Division Manager Strategy & Innovation bei Hermes Germany)
Dass flächendeckend Roboter Hermes Pakete zustellen, ist daher noch Zukunftsmusik. Aber das war uns auch von vornherein bewusst und auch nie Ziel des Pilottests. Uns ging es darum, mit einem frühen Prototypen erste Erfahrungen zu sammeln. Wir wissen jetzt, dass die meisten Menschen den Roboter akzeptieren. Und dieses Ergebnis ist für uns elementar.