Ein Hoch auf die moderne Technik!

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Kategorie: Fundstücke & Anekdoten, Mitarbeiter & Leben, Transport & Logistik


Es sollte ein ganz normaler Montag werden in der Hermes Niederlassung Erfurt, so dachte ich jedenfalls, als ich in dieser Nacht zur Arbeit ging. Die Nachtschicht ist montags oftmals sehr entspannt, denn es erwarten uns in der Regel weniger Pakete als den Rest der Woche, darum arbeiten an diesem Tag auch meist weniger Leute.

Heute hatten wir eine neue Kollegin hinzubekommen, der ich beim Einarbeiten half. Da das Band noch nicht lief, fing ich mit ihr zusammen an, die zurückgekehrten Pakete vom Vortag zu sortieren. Die Zeit verstrich, aber merkwürdigerweise lief das Band nicht. War vielleicht noch kein LKW da? Nach etwa einer halben Stunde wurden wir von einer Kollegin gerufen.

Stillstand am Band

Wir liefen vorbei an den vielen Reihen Corletten (rollbare Gitterboxen, in die die Pakte sortiert werden), bis ganz vor zu dem Tor, an dem bereits der erste LKW mit einer Ladung Pakete wartete und wo sich alle Kollegen versammelt hatten. Irgendetwas musste passiert sein.

Wir hatten ein Problem – die Bandanlage funktionierte nicht! Seit über einem halben Jahr arbeitete ich zu diesem Zeitpunkt bei Hermes, aber das war noch nicht vorgekommen: Stillstand am Band

Stillstand am BandNach einer kurzen Krisenbesprechung holten zwei Männer ein manuelles Hilfsband aus dem Lager, das wie eine Ziehharmonika ausgezogen wurde und stellten es auf die Rampe, die auf die Ladefläche des LKW führte. Das kann ja lustig werden, dachte ich.

Hand in Hand

Normalerweise werden die Pakete von den Männern aus dem LKW auf das vollautomatische Band geladen. Dieses filtert zunächst Großteile heraus, die auf ein anderes Band zur manuellen Sortierung geleitet werden. Alle anderen Pakete werden automatisch gescannt und zur richtigen Rutsche gelotst. Vor dort müssen sie nur noch runter geräumt und verladen werden. Um einen vollen LKW auszuräumen brauchen wir im Normalfall bei voller Besetzung im Schnitt eine halbe Stunde.
Jetzt hatten wir ein ausziehbares Hilfsband und das Großteileband, was glücklicherweise noch funktionierte, und mussten alles selbst sortieren.

Die Männer fingen an den LKW auszuräumen. Die anderen sollten die Pakete den richtigen Corletten zuordnen. Denn von unserer Niederlassung aus müssen die Sendungen ja noch eine Station weiter zu den Unternehmern in den Regionen um Erfurt, bevor sie auf Tour gehen. Es durfte also nichts durcheinander kommen.

Nummer für Nummer

Nur woran erkennt man welches Paket in welche Region kommt, wenn man nicht jede Ortschaft kennt? Jedes Paket ist mit Nummern versehen. Es gibt eine Nummer für die Niederlassung, eine für die Region und eine für die Tour. Das sind eine ganze Menge Zahlen, die ich beim besten Willen noch nicht auswendig konnte, die andere Aushilfe ebenfalls nicht und die neue Kollegin schon gar nicht. Wir mussten also bei jedem Paket nachfragen, wo genau es hinkommt. Diese Fragerei verlangsamte den Prozess nochmals. Um die Arbeit zu beschleunigen blieb nur eine Lösung: wir drei Aushilfen mussten auflegen.

Paket für Paket

In meiner ganzen Zeit bei Hermes, war dies der einzige Tag, an dem ich auflegen musste. Auflegen bedeutet, dass man alle Pakete – egal wie groß oder schwer – aus dem LKW auf das Band legt, damit die anderen diese sortieren können. Das ist eher eine Arbeit für Männer, die erstens mehr Kraft haben und zweitens besser an die hochgestapelten Sendungen heran kommen. Man muss beim Auflegen viel mehr heben als beim Abräumen.

Aber es nützte nichts, die Pakete mussten raus und wir fertig werden. Also hoben wir Paket für Paket auf das Hilfsband und schoben es den anderen zum Sortieren entgegen. Es war anstrengend und beschwerlich. Aber wir haben es geschafft. Wir brauchten mehr als die doppelte Zeit, doch – Glück im Unglück – kamen an dem Tag auch verhältnismäßig wenige Pakete. Als wir die Arbeit trotz dieser erheblichen Schwierigkeiten nach ein paar Stunden geschafft hatten, waren wir alle erschöpft und erleichtert zugleich.

Ein Hoch auf die Technik

Doch eines ist mir in dieser Nacht bewusst geworden: die Technik erleichtert uns enorm die Arbeit. Wir können uns kaum noch vorstellen wie es ohne sie wäre, so sehr haben wir uns an sie gewöhnt. Doch bei allem Hightech, muss immer noch ein Plan B parat sein.

Als ich in der nächsten Nacht zur Arbeit kam, habe ich mich jedenfalls das erste Mal richtig gefreut, als ich das surrende Geräusch der wieder funktionstüchtigen Bandanlage vernommen habe. Und die neue Kollegin? Sie hat sich wacker geschlagen und ist trotz des Worstcase in ihrer ersten Arbeitsnacht wiedergekommen. Das nenne ich tough!


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