Tina Breske

Nach dem Medienrummel: Wie läuft der alltägliche Testbetrieb mit unserem Zustellroboter in Hamburg?

Verfasst von: | Keine Kommentare
Kategorie: Hermes Aktuell, Technologie & Innovation, Transport & Logistik


Die Welt ist noch ein bisschen verschlafen an diesem Vormittag als ich vor Rosi’s Textilpflege stehe. Kaum Autos auf der Straße, nur wenige Passanten sind unterwegs. Es ist Viertel vor 11. Ich bin gekommen, um mich mit Rosi über den Roboter zu unterhalten. Seit dem 5. Oktober liefert er in unserem Pilotprojekt mit dem Roboterhersteller Starship die ersten Sendungen vom PaketShop zu unseren Hermes Kunden nach Hause. Seitdem sind vier Wochen vergangen und auch der Medienrummel hat sich gelegt. Zeit für mich, einmal nachzufragen, wie denn der Alltag mit dem Roboter verläuft.

Rosis Textilpflege in Hamburg Ottensen 1Noch bevor ich die Eingangstür öffnen kann, geht diese schwungvoll auf und Rosi kommt mir mit einem Lächeln und dem großen Hermes Aufsteller entgegen, den sie vor die Türe stellt. Hinter ihr sehe ich schon unseren Zustellroboter. Er ist bereit für seine erste Runde des Tages.

Der Roboter erkundet die Umgebung

Täglich macht er sich zusammen mit seinem menschlichen Begleiter, dem so genannten Handler, auf den Weg, um die Straßen der Umgebung zu erkunden und seine 3D-Welt aufzubauen. Die hilft ihm später, wenn er nicht mehr begleitet wird, sich im Umkreis um den PaketShop zurecht und eigenständig sein Ziel zu finden.

Drei Handler betreuen den Roboter in Rosi’s Textilpflege. Via Skype sind sie mit dem Operator in Estland verbunden. Er überwacht, wo der Roboter hinfährt. Heute geht es die Friedensallee rauf und runter. 30 Minuten um den Block und anschließend wieder zurück in den Laden, bereit Pakete auszuliefern.

„Die Reaktionen auf den Roboter sind extrem“

Die ersten Testkunden waren begeistert, erzählt mir der Handler. Statt zu Hause in Ruhe auf die SMS zu warten, die der Roboter verschickt, wenn er am Ziel angekommen ist, standen sie bereits vor dem Haus und filmten seine Ankunft.

Auf dem Weg zur Empfängeradresse und auf seinen Gassirunden rund um den PaketShop begegnen ihm viele Passanten. „Die Reaktion auf den Roboter sind extrem“, meint der Handler. „Entweder sie finden ihn toll oder sie verurteilen ihn.“ Die positiven Reaktionen überwiegen aber. Und die Leute würden „gute Fragen“ stellen. Unterwegs sein mit dem Roboter ist vor allem auch Aufklärungsarbeit. Was ist das? Was macht er? Nimmt er uns Arbeitsplätze weg?

Im Dialog mit den Passanten lassen sich viele Fragen klären. Auch die nach dem besten Spitznamen für den Zustellroboter. „Pizza“, „Ramón“ oder schlicht „Robi“ sind bisher die Favoriten, aber der richtige Name ist noch nicht dabei. „Sieht aus wie ein Kinderwagen“, meint dann auch gleich der erste Kunden des Tages in Rosi’s Textilpflege. Er kommt schon seit Jahren zu Rosi, man kennt sich und scherzt über 6D4. So sein offizieller Name. So nennt ihn auch der Handler, der heute Dienst hat.

Er möchte die Personifizierung vermeiden und hat den Job angenommen, weil er vor allem die Frage spannend findet, wie die Menschen auf den Roboter reagieren – wie arbeiten Mensch und Technik miteinander, gegeneinander, füreinander? Bisher wohl sehr gut.

Robi hat sich eingelebt

Die Arbeitsabläufe haben sich in diesen ersten Wochen gut eingespielt und alle fühlen sich wohl miteinander. Rosi kümmert sich um die Handler. „Wenn du einen Kaffee brauchst, sagst du Bescheid“, meint sie gerade zum ihm. Den wird er brauchen, wenn er von seiner Runde mit dem Roboter zurück ist. Es ist kalt draußen und der Wind fegt die Blätter über die Straße. 6D4 macht das nichts aus. Auch Laubhaufen und kleine Pfützen nicht. Unbeirrt sucht er sich seinen Weg. Seinen Rädern sieht man die Einsätze der letzten Wochen an.

Hermes Zustellroboter im Einsatz 1Oft bringt er den Straßendreck mit in den Laden, wenn er von seiner Tour zurückkommt. Ein wenig ärgert Rosi das schon, sie muss häufiger sauber machen als früher. Doch das ist auch ihr einziger Kritikpunkt.

Rosi, Robi und Lilly – ein gutes Gespann

„Es läuft gut“, sagt sie. „Sogar jetzt noch besser mit Hermes“. Seit 26 Jahren betreibt Rosi ihren Laden. Sie hat viele Stammkunden. Doch in den letzten Wochen sind auch zahlreiche neue Gesichter hinzugekommen. Die Leute haben in den Medien vom Roboter gelesen und sind jetzt neugierig, wie es läuft. Viele jüngere sind dabei.

Mit dem Presserummel hatte Rosi nicht gerechnet. ARD, ZDF, Sat1, N24, Spiegel, Zeit und Bild gaben sich die Klinke in die Hand. Rosi klingt auch jetzt noch ungläubig, wenn sie über den „Medientag“ spricht. Von 10 bis 18 Uhr war der Laden voll gewesen. Sie war ein wenig überrascht, dass die Journalisten auch mit ihr sprechen wollten. Und hat erst später im Internet alles in Ruhe nachgelesen. Die ganze Robotergeschichte ist neu für sie. „Es fing mit dem iPhone an und endet jetzt mit dem Roboter“, sagt sie oft. Das iPhone hatte sie vor vier Jahren von ihrer Tochter geschenkt bekommen, musste sich erst reinfuchsen, und hat es jetzt immer bei sich.

Während wir uns unterhalten, kommt ihre Hundedame Lilly ins Zimmer. Auch sie musste sich erst an den Roboter gewöhnen. Früher war sie oft mit unten im Laden. Jetzt, wo ständig die Tür geht, ist sie öfter oben in der Wohnung. Aber sie grollt dem Roboter nicht. „Eigentlich greift Lilly alles Elektrische an, nur den Robi lässt sie in Ruhe“, schmunzelt Rosi. „Nehmt in Zukunft den Hund mit, dann geht er wenigstens gleich mal eine große Runde“, meinte sie denn auch im Scherz schon zu den Handlern. Und wer weiß, vielleicht sieht man Robi und Lilly bald gemeinsam die Straßen rund um den Hohenzoller Ring 106 erkunden.

Wenn es nach Rosi geht, verbringen die drei noch viel Zeit miteinander. „Der Robi darf gerne bleiben.“ Zumindest für die Weihnachtszeit ist er schon fest mit eingeplant. Rosi schneidert ihm gerade einen Mantel.

 

Update vom 21.12.2016:

In Hamburg verlängern Hermes und Starship Technologies derweil die Zustellung per Roboter um drei Monate bis 31. März 2017. Der im Herbst begonnene Pilottest war ursprünglich bis Ende Dezember 2016 begrenzt. Zum Einsatz kommen drei Lieferroboter an PaketShops in Hamburg-Ottensen sowie im Grindelviertel im Stadtteil Rotherbaum. Die Fahrzeuge transportieren reguläre Paketsendungen an Privatkunden, die die Auslieferung per Roboter bequem per Smartphone beauftragen – inklusive freier Wahl des Zustellzeitfensters. Interessierte können sich als Testkunden bewerben.

Neben der Auslieferung von Paketen soll ab Januar 2017 auch die Abholung von Retouren getestet werden. Alle Fahrten der Starship-Lieferroboter werden von einem Handler begleitet, der permanenten Kontakt zur Leitzentrale von Starship in Tallinn/Estland hält und Fragen von Passanten beantwortet.

 


Kommentare sind geschlossen.