Auch in der Saison 2015 berichte ich in Deutschland von den Formel-1-Grand Prix exklusiv für den Hermes Blog. Kürzlich war ich in Belgien und habe im folgenden Interview für Sie das Rennen analysiert:
Nach dem großen Preis von Belgien werden nun die Gefahren durch Reifenschäden diskutiert. Welche Gedanken löst das bei Ihnen aus?
Der Grund für die Reifenschäden ist noch nicht ganz geklärt. In Spa fährt man aber in jedem Fall kräftig über die Kanten hinweg. Wenn man durch die Senke Eau Rouge kommt, geht es anschließend über die Kanten. Dabei drückt eine erhebliche Downforce das Auto nach unten und die Reifen können beschädigt werden. Die Rennställe versuchen natürlich zu analysieren, wie lange die Reifen halten. Dabei sollten keine Risiken eingegangen werden.
Sie verstehen sicher Sebastian Vettels Wutanfall, da Sie ja auch schlechte Erfahrungen mit Reifenschäden hatten?
Ich kann verstehen, dass ein Fahrer auf eine solche Situation ziemlich heftig reagiert – besonders in Spa, weil dort wirklich schnell gefahren wird und ein Reifenschaden dann immer gefährlich ist. Ich weiß noch, wie ich im McLaren im Training 1997 nach der Eau Rouge auf die Kemmel-Gerade fuhr und plötzlich die Aufhängung des Autos durchschlug. Bei einer Geschwindigkeit von ungefähr 330 km/h. Wenn das bei einem derartigen Tempo passiert, vergisst man das nicht so schnell. 80 Prozent der Leistung eines Fahrers liegen in seiner mentalen Stärke. Wenn diese mentale Seite erheblich angekratzt wird, dann beginnt das Selbstvertrauen zu schwächeln, und das wirkt sich auf die Rundenzeiten aus.
Wie ist es möglich, dass Williams den ersten Boxenstopp von Valtteri Bottas so vermasselt hat?
In meiner Karriere ist bei den Boxenstopps auch alles Mögliche passiert. Es ist leicht zu sagen, dass keine Fehler passieren dürfen – es kommt trotzdem zu Fehlern. Dagegen kann man selbst gar nichts machen. Schade, dass Valtteri in Spa darunter leiden musste. Der Rennstall sollte jetzt auswerten, wie es dazu kam. Es bringt nichts, sich darüber weiter aufzureiben. Man muss auf das nächste Rennen schauen.
Was sagen Sie zu diesem Wochenende in Bezug auf Ferrari und Kimi Räikkönen?
In Spa muss man ein viel schnelleres Auto haben, um dort Superergebnisse einzufahren. Ferrari war in dieser Saison bisher ganz erfolgreich, aber das Rennen von Spa war für sie sicher eine herbe Enttäuschung. Gegenüber Kimi haben die Leute hohe Erwartungen. Kimi ist Weltmeister, so dass viele erwarten, dass er die ganze Zeit um die Spitzenplätze kämpft. Kimi müsste endlich ein Auto haben, mit dem er Vettel schlagen könnte. Die jetzige Situation ist für Kimis Nerven sicher ganz schön hart.
Was halten Sie davon, dass Ferrari eine Vertragsverlängerung mit Räikkönen abgeschlossen hat?Herzlichen Glückwunsch, Kimi! Die Karriere und die Rennen gehen weiter, und das ist doch prima. In der Formel 1 gibt es nicht viele Spitzenrennställe. Wenn man von Ferrari eine Vertragsverlängerung bekommt, ist das einen Glückwunsch wert.
Wie sieht die Zukunft für Bottas derzeit aus?
Sehr positiv. Valtteris Leistung im Zeitfahren war erneut ein guter Beweis seines Könnens. Beim Rennen war aber das Tempo des Williams nicht ausreichend. Das war bereits in der ersten Runde zu sehen.
Bei den Formel-1-Starts erhalten die Fahrer durch eine Regeländerung mehr Verantwortung. Ist das ausschließlich positiv zu bewerten?
Meiner Meinung nach ist das eine vernünftige Änderung, negativ dabei ist nur, dass die Starts nicht mehr so sicher sind wie vorher. Wenn der Fahrer voll für seinen Start verantwortlich ist, treten mehr Fehler auf. In der Geschichte der Formel 1 hat es zahlreiche gefährliche Situationen gegeben, in denen ein Auto im Startbereich ausging und es zu Auffahrunfällen kam. Der Startautomatik ist es zu verdanken, dass in den letzten Jahren selten ein Formel-1-Wagen im Startbereich liegen geblieben ist.
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